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8. August 2020

Neues Altes für das Handwerksmuseum

Neuzugang in der Druckerei des Museums in Suhlendorf: Eine Buchdruckmaschine

Druckmaschine für das Handwerkermuseum – am Zerlegen beteiligen sich Norbert Knoblauch, Klaus Friedrich, Tiedeke Heilmann und – hockend – Sven Frels – v.l.,

Am 1. August 1926 gründete der Buchdruckermeister Hermann Meyer in Uelzen eine Druckerei – in der Rademacherstraße 9. Am 10. Februar 1995 schloss der Enkel Folkert Frels als Betreiber der Druckerei in dritter Generation die Türen auf Dauer zu – die technische Entwicklung war gegen kleine Druckereien wie die seine. Mit Wehmut in der Stimme erklärt er jetzt: „Jeder hatte seinen eigenen Drucker auf dem Schreibtisch und brauchte nicht mehr den Drucker nebenan“. Nun, ein Vierteljahrhundert später, zeichnet sich ab, dass es für eine der einst vier Heidelberger Buchdrucktiegel im Betrieb eine Überlebenschance geben wird.
Das Handwerksmuseum Suhlendorf ist ein touristischer Leuchtturm im Osten der Lüneburger Heide. In den zehn Gebäuden des 1974 gegründeten und seit 2008 vom ehrenamtlich organisierten Museumsverein e.V. betriebenen Freilichtmuseums wird in 24 Werk- und Arbeitsstätten verschiedenster Handwerksberufe sehr anschaulich der Wandel des Handwerks in den vergangenen hundert Jahren präsentiert und dokumentiert: Schuhmacher, Radiotechniker, Töpfer, Schmied, Maler, Tischler, Klempner, Dachdecker, Uhrmacher, Tierarztpraxis, Bäcker … und seit einiger Zeit auch den Buchdrucker.

Gott-grüss-die-Kunst-so-grüßten-sich-Buchdrucker-

Diese Druck-Offizin erhält nun von Folkert Frels den einen aus Nostalgie-Gründen behaltenen Heidelberger Tiegel, der irgendwann um 1963/64 als Neuteil in der Druckerei Meyer aufgestellt worden war, als Dauer-Leihgabe. Dazu ein komplettes, mit Schriften in unterschiedlichen Größen gefülltes Schriftregal und eine Papier-Schneidemaschine.

Die ‚Windmühle‘

Das Museum wurde damals gegründet mit dem Schwerpunkt „Mühlenhandwerk“. So ganz weit weg ist der Bezug zu den Mühlen nicht – verdankt der Original Heidelberger Tiegel (OHT) seinen propellerförmigen Greifern doch den Spitznamen „Windmühle“. 1921 ging der Tiegel bei der damaligen Schnellpressenfabrik AG Heidelberg in Serie, wurde ab 1926 am Fließband gefertigt. Keine andere Druckmaschine hat den industriellen Buchdruck des 20. Jahrhunderts so geprägt wie dieser Tiegeldruckautomat. Ein besonderes Merkmal der Maschine ist das charakteristische Schnaufen der pneumatischen Sauger, mit denen der Bogen im Anleger angehoben wird,

Das Farbwerk

an die windmühlenartigen Greifer übergeben und nach dem Druckvorgang wieder abgelegt wird. Interessierte Besucher werden nach dem Wieder-Aufbau der Maschinen im Handwerksmuseum den Drucker Norbert Knoblauch daran arbeiten sehen können. Derzeit allerdings ist er noch damit beschäftigt, zusammen mit Sven Frels, dem Urenkel des einstigen Druckereigründers, den Tiegel und die Schneidemaschine zu zerlegen und für den Transport aufzubereiten …
Mit Folkert Frels, dem daran gelegen ist, die Tradition des Buchdrucks zu bewahren, freut sich Tiedeke Heilmann vom Museumsverein Suhlendorf darüber, dass das Handwerksmuseum mit dem rund 55 Jahre alten Buchdrucktiegel demnächst einen weiteren Anziehungspunkt haben wird – auch wenn diese Maschine vom Alter her nicht mit der über 200 Jahre alten Bockwindmühle „Auguste“ mithalten kann, die, für ihr Alter erstaunlich munter, nach wie vor Korn zu Mehl verarbeitet.