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3. Juli 2017

Man sitzt insgesamt viel zu wenig  am Wasser …

Wer findet den Fehler? Jawoll, „man sitzt insgesamt viel zu wenig am Meer“ – so heißt es eigentlich. Aber: wenn’s zum Meer nicht reicht, dann tut’s auch die Elbe. Und so sind wir, weil der Sommer an diesem Montag gerade mal wieder da war, mit Schwager und Schwägerin/Schwester nach Dömitz gefahren. Die Räder hinten auf den Fahrrad-Trägern. Wir parkten auf dem großen Parkplatz gleich nach der Abfahrt von der B 191 Richtung Dömitz. Nach kurzer Diskussion entschieden wir uns, auf der linken Elb-Seite nach Hitzacker zu fahren und auf der anderen wieder zurück. Eine weise Entscheidung, denn auf dem Weg über die Dömitzer Elbbrücke kam der Wind von hinten (auf dem Deich dann allerdings von der Seite …). Doch es ließ sich gut fahren. Blauer Himmel, Sonnenschein, Wild-Blumen am Wegesrand, relativ viel fahrradfahrender Gegenverkehr – irgendein Radwanderführer muss diese Route von Hitzacker aus auf dieser Elbseite empfohlen haben ….

Auf der den Deich begleitenden Straße ließ es sich zwar besser radeln, weil der Wind fehlte, aber es fehlte auch der Blick über die Au-Wiesen, die knorrigen, von häufigem Hochwasser gezeichneten Bäume, die Buhnen, und – teilweise recht weit entfernt -die Elbe und ihre Seitengewässer. Also wieder zurück auf den geteerten Radweg auf dem Deich und an Kamerun (ja, der Ort heißt wirklich so) vorbei Richtung Damnatz. Damnatz liegt direkt neben der Elbe, ist die kleinste Mitgliedsgemeinde der Samtgemeinde Elbtalaue, hat eine schnuckelige Fachwerk-Kirche, eine Kulturtenne und ein Pegelhaus. Kaum vorstellbar, dass bei dem Hochwasser im Juni 2013 das Wasser der Elbe fast die Deichkrone erreicht hatte … An Barnitz, Landsatz, Jasebeck vorbei fuhren wir nach Wussegel. Da war Schluss mit dem Deich, wir mussten runter auf die Straße. An den „Elbterrassen“ wollten wir auf einen Erfrischungstrunk einkehren – leider war dieses Haus montags und dienstags geschlossen. Also weiter nach Hitzacker.
Nach einer ausgedehnten Halbzeit-Pause brachte uns die Fähre auf die andere Elbseite nach Herrenhof. Doch von dem Ort sahen wir nicht viel, denn wir schlugen sofort den Weg zum Deich ein und radelten munter in Richtung Dömitz. Kurz vor Erreichen der Ortschaft Wilkenstorf ließ uns ein liebevoll gemaltes Schild mit der Aufschrift „Fahrrad-Café“ vom Rad steigen. Eine alte, tönerne Gugelhupf-Form und eine Kaffeekanne, beides auf einem ausgeblichenen hölzernen Klappstuhl stehend, verhieß uns Kaffee und Kuchen. Und so war es auch.  Wir kamen mit anderen, bereits an dem großen Tisch im Garten sitzenden Rad-Touristen ins Gespräch, tauschten uns aus und wunderten uns beim Bezahlen. Denn die Wirtin überließ es uns, den Wert der verzehrten Getränke und Backwaren zu taxieren. Ungewöhnlich zwar, aber irgendwie ehrlich. Sicher wird es nur wenige Gäste geben, die ihren Verzehr zu niedrig einschätzen ..

Den Elb-Knick vor Wehningen fuhren wir auf der B 195, verließen diese aber bei der nächstbesten Gelegenheit, als es rechts ab in die „Dorfrepublik“ Rüterberg ging. Rüterberg hat eine sehr bewegte Vergangenheit. Ab 1952 war diese Ansiedlung immer gezeichnet von „Maßnahmen zur Grenzsicherung“. Eine Sperrzone wurde eingerichtet und den Einwohnern eine Passierscheinpflicht auferlegt. Entlang des Elbe-Ufers entstand ein Grenzzaun, mehrere Familien wurden ins weiter zurückliegende Land zwangsumgesiedelt. 1961 kam es zur Einebnung von 26 Grundstücke und zum Bau weiterer Grenzanlagen an der Elbe. 1967 wurde ein zweiter, auf der inneren Landseite liegender Grenzzaun um Rüterberg herum aufgestellt. Dadurch war Rüterberg selbst von der den Ort umgebenden DDR abgetrennt. Die Bewohner konnten ihr Dorf nur durch ein bewachtes Tor verlassen, mussten dazu Passierscheine vorzeigen. Besucher konnten überhaupt nicht nach Rüterberg hinein. Am Vorabend des Mauerfalls erklärte sich Rüterberg am 8. November 1989 auf Antrag des Schneidermeisters Hans Rasenberger in Anlehnung an die demokratischen schweizerischen Urkantone  zur „Dorfrepublik Rüterberg“.

Uns zeigte sich Rüterberg als schmucker, kleiner Ort. Der ehemalige Wachturm der Grenzsicherungs-Truppen ist privatisiert, die Ferienwohnung kann gebucht werden. Daneben wurde vom BUND ein neuer Aussichtsturm errichtet, von dem aus ein herrlicher Rundblick über die Elbe und das Elbvorland möglich ist.

Von 1888 bis zur Schließung der Grube 1971 aus Gründen der Grenzsicherheit wurde in Rüterberg Ton abgebaut. Wir folgten den Hinweis-Schildern und erlebten ein Biotop mit vielen seltenen Pflanzen und einem verträumt im Grünen versteckten See. Gut nur, dass es noch keine Mücken-Zeit war …

Kurz vor Dömitz besuchten wir die Festung. Hoch oben über der Elbe diente sie als Sicherungsposten der mecklenburgischen Herrscher. Sie ist in der Form eines Fünfecks angelegt und mit Bastionen und Kasematten-Gewölben versehen. Seit 1975 steht dies recht gut erhaltene Beispiel für eindrucksvolle Wehr-Architektur der Renaissance und Denkmalschutz. Leider war, als wir dort ankamen, das Museum schon geschlossen. Wir konnten uns nur einen einfachen Über-Blick – im wahrsten Sinne des Wortes – über die Mauern der Anlage hinweg verschaffen. In der Ferne grüßten die Fragmente der in den letzten Kriegstagen zerstörten Eisenbahnbrücke über die Elbe. Kurz nur war unsere Tour durch die Gassen Dömitz‘ – es zog uns wieder heim. Ein schöner Sommertag fand sein Ende.